Aschenputtels Aufstieg im Showbiz
Wie facettenreich Viktoria Lein ist, zeigte sie am Sonnabend bei „Singen Sie mal blond“ im Neuen Schauspielhaus in Uelzen. Mal trägt sie Kopftuch und Kittelschürze.
Fotos: HOLZGREVE © Freier Mitarbeiter
Uelzen – Was ist das denn, was Viktoria Lein präsentiert? Einfach kategorisieren lässt sich der Abend nicht. Aber eine Mischung aus Musik- kabarett, Chanson und Comedy ist es dann doch, was die Münchnerin am Sonnabend im Neuen Schauspielhaus in Uelzen zeigt.
Das liegt vor allem an ihrer Wandlungsfähigkeit. Ein E-Piano, wenige Requisiten und ein paar Kleider genügen Lein, ihr Publikum mitzunehmen in den Aufstieg im Showbiz. Sie ist das Aschenputtel, das in ein sackartiges Gewand gekleidet bei Managern vorspricht: „Ich mache alles für eine Karriere.“ Die raten der Dunkelhaarigen: „Singen Sie mal blond“, nachdem Lein zum Auftakt „Let me entertain you“ von Robbie Williams gegeben hat.
Dann fällt der Sack – und Viktoria Lein präsentiert sich in einem hautengen roten Kleid („Männer reagieren auf das Erotische. Ein Song allein genügt ihnen nicht.“). Sie soll nicht „so osteuropäisch“, sondern mehr wie eine Latina dreinschauen, lautet ein weiterer Rat.
Lein, die sich im zweiten Teil kurz vorstellt und ursprünglich aus Kasachstan mit deutschen Wurzeln stammt, erlebt in ihrem Programm fortan den langsamen und schwierigen beruflichen Aufstieg als Sängerin. Sie singt „Griechischer Wein“ von Udo Jürgens bei den Anonymen Alkoholikern, von Janis Joplin „Oh Lord, won’t you buy me a Mercedes Benz“ bei BMW-Managern und kann komischerweise auch bei Proben für einen Auftritt für ein Dental-Labor weder mit „Aber bitte mit Sahne“ noch mit Grönemeyers „Männer“ überzeugen.
Wie Lein den Songs ihren eigenen, komischen Stempel aufdrückt, ist mehr als amüsant. Sie haucht gekonnt die „99 Luftballons“ von Nena, singt in schillerndem Alt „Die Schöne und das Biest“ und klappert im Ansingen ihr Programm im Programm ab: Da gibt es „Explosives“ wie „Sex Bomb“, „Leicht verdauliches“ von Eros Ramazzotti oder „Was Süßes“ wie „Ich will keine Schokolade“.
So verfliegen zwei Stunden Programm, in denen der Sängerin mit den fiktiven „Champagnerperlen“, einer Frauenband, der berufliche Durchbruch mit einer Tournee in die Türkei, nach Moskau, Wien und Paris gelingt. Und Lein, die von sich sagt, sie sei „Gala-Sängerin von Beruf“, entfaltet dabei eine ungeheure Bühnenpräsenz.
So zeigt sich, dass Lein nicht nur singen kann, sondern auch im Schauspiel ausgebildet wurde. Das eingenommene Publikum schunkelt zu „Que Sera Sera“, geht beim „Schlussknaller“ von den Toten Hosen „Tage wie diese“ mit und nimmt die Zugabe dankbar auf.
In zwei Jahren wolle man wiederkommen, versprechen Viktoria und Heinrich Lein, der für seine Frau die Technik an diesem Abend installiert hat. „Wo die Liebe hinfällt“ soll dann der Titel heißen. Uelzen freut sich darauf.
Neues Schauspielhaus Uelzen